Rheuma, Sport und Ernährung - Dr. Beate Göttle im Interview
Rheuma trifft immer mehr Menschen, die Gründe sind unterschiedlich. Daraus ergeben sich verschiedene Folgen für Fragen rund um Ernährung und Sport.
Dr. med. Beate Göttle ist Expertin und behandelt in ihrer Praxis seit vielen Jahren Rheuma-Patienten. Sie erläutert im Interview die Hintergründe.
Dr. Göttle, wie unterscheiden sich entzündlich rheumatische Beschwerden von Beschwerden, die durch Verspannungen entstehen?
Entzündlich rheumatische Gelenkbeschwerden gehen typischerweise mit Gelenkentzündungen und Gelenkschwellungen einher. Es kann auch zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes kommen. Meistens gibt es auffällige Laborergebnisse, z.B. erhöhte Entzündungswerte. Rheumatisch entzündliche Beschwerden an Muskeln bzw. Gelenken treten vor allem in der zweiten Nachthälfte und den Morgenstunden auf verbunden mit einer anhaltenden sog. Morgensteifigkeit, die oft länger als eine Stunde ist, und sich teilweise erst im Laufe des Tages bessert.
Verspannungen sind oft auch morgens am schlimmsten, verschwinden aber im Allgemeinen rasch nach einer warmen Dusche und bei Bewegung. Sie können auch jederzeit im Laufe des Tages, oft ausgelöst durch plötzliche Bewegungen, aber auch durch andauernde Fehlhaltung entstehen und anhalten. Sie lassen sich oft durch Verhärtungen ertasten. Erhöhte Entzündungswerte in einer Blutuntersuchung treten in diesem Zusammenhang nicht auf.
Woran können die Patienten merken, ob es Rheuma ist oder Verspannungen, die ihre Beschwerden auslösen?
Bei Gelenkschwellungen anhaltender Morgensteifigkeit (mehr als eine Stunde) und eventueller Allgemeinzustandsverschlechterung ist eine zeitnahe ärztliche Abklärung mit rascher Diagnosestellung und Einleitung einer entsprechenden Therapie angezeigt, um dauerhafte Schäden zu vermeiden.
Bisher sind die meisten Rheumaerkrankungen zwar nicht heilbar, aber mit vielen modernen Medikamenten dauerhaft zum Stillstand zu bringen, sodass die Betroffenen ein normales Leben führen können.
Kann man Rheuma durch Ernährung beeinflussen?
Das ist bisher nicht bewiesen. Rheumatische Erkrankungen treten auf der ganzen Welt auf, auch in vegetarischen Kulturen. Es gibt bisher auch keine gesicherte Rheuma-Diät. Man tut sich aber allgemein etwas Gutes, wenn man sein Essen aus vielfältigen frischen und natürlichen Zutaten zubereitet, die üblichen Ernährungsempfehlungen beherzigt, und es mit Freude und Muße isst.
Klar ist hingegen, dass das Tabakrauchen viele Rheumaerkrankungen mit auslösen kann und der Verlauf dann oft schwerer als bei Nichtrauchern ist. Insofern kann sich hier jeder etwas Gutes tun, indem er das Rauchen aufgibt.
Sollte man bei Rheuma Sport treiben?
Ja und nein. Im akuten Rheumaschub macht Sport keinen Sinn, weil er die Schmerzen verstärkt. Hier sollte erst behandelt werden.
Ansonsten gilt: regelmäßige Bewegung und viele Sportarten haben einen nachgewiesenen positiven Einfluss und können chronische Gelenkbeschwerden bessern. Neben einer Verbesserung der Kraft und der Fitness wird auch die Stimmung besser.
Welche Übungen und Sportarten sind bei Rheuma gut?
Alles, was geht und die Gelenke nicht dauerhaft überlastet. Extremsportarten und extremes Training sind weniger geeignet.
Dr. Göttle, vielen Dank für Ihre Antworten.
Über Dr. Beate Göttle:
Dr. med. Beate Göttle, Jahrgang 1966, ist Fachärztin für Innere Medizin / Rheumatologie. Sie machte die Ausbildung in Pohltherapie von 2012 bis 2015. Seitdem arbeitet sie parallel in einer Rheumapraxis in einem MVZ und ihrer körpertherapeutischen Privatpraxis. Dr. Göttle betont: "Ich mag das Arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen quasi in zwei Welten, es bringt mir Abwechslung, tolle Begegnungen, weitet den Horizont und schafft zugleich Bodenhaftung." Seit 2015 ist Dr. Göttle Vorstandsmitglied der ersten Stunde im neu gegründeten Berufsverband für Pohltherapie. Sie lebt mit ihren Kindern in Rheinland-Pfalz.
Mehr unter www.sensomotorische-koerpertherapie-worms.de,
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