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Der Bauch und die Psyche

Sind Unterleibsschmerzen psychosomatisch? Körper wie Psyche reagieren auf Bedrohungen und körperliche Verletzungen. Körpertherapeutische Verfahren zum Verstehen und Behandeln von Unterbauchschmerzen. Angst, Depression nicht Ursache sondern Folge von Verspannung.

Unterleibsschmerzen - alles psychosomatisch?

Patienten/innen mit starken Unterleibsschmerzen irren oft jahrelang von Arzt zu Arzt, da keiner eine Ursache ihrer Schmerzen an ihren inneren Organen findet.

Eine Erklärungsschiene lautet dann:
"Das ist nur psychosomatisch."
"Da ist nichts. Sie sind körperlich vollkommen gesund."
"Es muss bei Ihnen psychisch sein!"

Psychologische Fehlinterpretationen von Bauchschmerzen

Psychosomatisch ausgerichtete Ärzte und Psychotherapeuten geben dann häufig psychologische Interpretationen wie:

Unterleibs-Schmerz nach Geburt

Eine Frau schildert, dass ihre Schmerzen nach dem Gebären (mit Kaiserschnitt) aufgetreten sind.
Die Interpretation: Die Frau habe die Geburt ihres Kindes psychisch nicht verarbeitet, sei ihrem Kind gegenüber ambivalent, müsse an ihrer Beziehung zu ihrem Kind arbeiten, u.a.m.

Unterleibs-Schmerz nach Gebärmutterentfernung

Eine andere Frau schildert, dass ihre Unterleibsschmerzen nach einer Gebärmutterentfernung aufgetreten sind.
Die Interpretation: die Schmerzen kämen daher, dass die Frau die mit der Operation verbundene Beeinträchtigung ihres Frauseins nicht verkraftet habe. Deshalb habe sie psychisch bedingte Unterbauchschmerzen an der Stelle, wo vorher das Organ war.

Durch psychische Interpretationen von Unterleibsschmerzen fühlen sich Betroffene meist völlig missverstanden, da sie genau spüren, dass ihre Beschwerden körperlich sind.

Deutungen, die so am Erleben des /der Betreffen vorbeigehen, erreichen überhaupt nichts. Durch das Erleben des Nichtverstandenseins können sie die Bauchbeschwerden sogar verschlimmern, weil man mehr in Angst gerät und sich damit mehr zusammen zieht.

Körperliche Ursache chronischer Unterbauchschmerzen: z.B. eine Narbe

Meiner Erfahrung (H. Pohl) nach haben die Patient/innen recht: Sie haben eine körperliche Störung. Chronische Unterbauchschmerzen sind nicht psychosomatisch, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass sie nur im Kopf oder Psyche der Betroffenen existieren. Tatsächlich gehen die Schmerzen in Fällen wie oben meist von den Narben aus. Erst durch

  • die ständigen Schmerzen,
  • die Atmungseinschränkung durch die Narbe und
  • die Erfolglosigkeit aller Untersuchungen und Behandlungen

werden die Patientinnen allmählich psychisch mürbe - auch wenn sie mit ihrem Kind noch so glücklich sind und sich in ihrem Frausein nicht beeinträchtigt fühlen.

Auch ohne Narbe findet sich immer eine körperliche Ursache von chronischen Unterleibsschmerzen: eine Verspannung in Muskeln, Faszien, Bindegewebe/Faszien.

Erfolglose Psychotherapie bei chronischen Unterleibsschmerzen

Machen die Betroffenen dennoch wegen ihrer Unterbauchschmerzen eine Psychotherapie, sind sie von deren Erfolg oft enttäuscht. Selbst wenn sie ihnen für ihr Leben geholfen hat, so sind doch die ursprünglichen Unterbauchschmerzen meist geblieben. Die Erfolge rein sprachlicher Psychotherapie sind bei chronischen Schmerzen generell niedrig - bei Unterleibschmerzen erst Recht. Und körperliche Ursachen wie Narben ändern sich dadurch gar nicht.

Wie Bauch und Psyche tatsächlich zusammenhängen

Neue Sichtweise zum Zusammenhang von Bauch und Psyche

Dennoch kann jeder im Alltag einen deutlichen Zusammenhang zwischen Bauch und Psyche feststellen - und der geht über den Körper.
Der Zusammenhang von Bauch und Psyche basiert auf einer physiologischen Verbindung, dem Schreckreflex. Das ist eine uralte physiologische Schutzreaktion des Körpers zum Schutz der inneren Organe, die in tiefen, unwillkürlichen Hirnstrukturen verankert ist.

Der Schreckreflex und seine Wirkung auf den Bauch

Schon fast ab dem Geborenwerden reagieren Muskeln, Faszien und Bindegewebe / Faszien der Bauchdecke auf alle

  • Verletzungen
  • Angriffe
  • plötzlichen starken Sinnesreize

hochsensibel mit einem sofortigen Zusammenziehen. Schon ein leichter Schlag auf den Bauch, ein plötzliches, lautes Geräusch bewirken, dass wir auf der Vorderseite zusammen zucken und uns blitzartig nach vorne wegducken.

Für die Reaktion des Bauchs auf den Schreckreflex genügt bereits die Vorstellung

Später setzt der Schreckreflex nicht nur bei realen Angriffen, sondern bereits bei vorgestellten Angriffen und Bedrohungen jeder Art ein.
Zentrum des Schreckreflexes ist die Bauchdecke. Wir merken es daran, dass wir in brenzligen Situationen und bei jeder Art von Angst oder negativer Vorstellung den Bauch festmachen und die Luft anhalten. Das klappt sogar in der Identifikation: Ist der Held/die Heldin im Film bedroht, halten wir mit ihm die Luft an, danach ist oft ein erleichtertes Aufatmen hörbar.

Normale Reaktion des Bauchs auf den Schreckreflex

Der Schreckreflex ist eine normale, vorübergehende psychophysische Reaktion, bei der Körper und Seele nicht zu trennen sind. Sobald Schreck oder Bedrohung vorüber sind, löst sich der Bauch wieder und wir atmen frei.
Gefährlich wird es erst, wenn Dauerkontraktionen am Bauch entstehen (ausführlicher unter Stoppmuster).

Wie kann der Schreckreflex zu chronischen Schmerzen führen?

Der Schreckreflex kann zum Dauerzustand werden. Dann werden aus vorübergehender starker Anspannung der Bauchmuskulatur Dauerkontraktionen in Muskeln, Faszien und Bindegewebe, die sich willkürlich nicht mehr lösen lassen.
Die Dauerkontraktionen bestehen selbst im Schlaf fort und führen schließlich zu Bauchschmerzen und Unterleibsschmerzen.

Wodurch bilden sich Dauerkontraktionen im Unterleib?

Dauerkontraktionen im Unterleib bilden sich

  • durch einmalige, traumatische Erlebnisse (wie Operationen, Vergewaltigungen)
  • durch dauerhafte oder immer wiederkehrende Bedrohungen
  • durch viele andere Dauerbelastungen mehr, wie z.B. durch Kälte
  • durch Identifikationen mit kranken nahestehenden Personen

Ausführlicher ist das dargestellt unter Ursachen und Auslöser von chronischen Unterleibsschmerzen.

Verstärkung von Dauerkontraktionen des Bauches unter psychischen Belastungen

Dauerspannungen in Muskeln, Faszien und Haut-Bindegewebe / Faszien des Bauchs können sich unter länger dauernden psychischen Belastungen noch verstärken, z.B. vor einer Scheidung, bei drohendem Arbeitsverlust oder drohender Abschiebung usw.
Die Verstärkung unter psychischer Belastung kommt daher, dass wir alle uns in solchen Situationen unwillkürlich stärker zusammen ziehen - und zwar vor allem auf der Vorderseite. Wir sind dann in ständiger gespannter, ängstlicher Erwartung. Bei Kindern entsteht so das Bauchweh morgens vor der Schule, wenn die Schule negativ erlebt wird (siehe auch unter Kinderbauchweh).

Teufelskreis aus dauerhaftem Schreckreflex und Unterleibsbeschwerden

Die Schutzreaktion, die weitere Verletzungen vorwegnimmt, führt zu einer Überempfindlichkeit. Je stärker die Dauerkontraktion, desto stärker wird die Empfindlichkeit: der Bauch reagiert immer heftiger und schneller auf alle Formen von Beeinträchtigung oder Bedrohung. Oft reagiert der Unterbauch schon auf leise Berührungen oder geringfügige Kälte. Selbst enge Kleidung kann zu verstärkten Beschwerden führen. Erst recht die Erwartung von schmerzhaftem Sex. Dabei spielt es keine Rolle, wie Dauerkontraktionen und Unterleibsschmerzen ursprünglich entstanden sind (z.B. durch eine Operation).

Depression und Angst - nicht Ursache sondern Folge von Unterleibsschmerzen

Dadurch, dass ein verspannter Unterleib immer mit einer Atemeinschränkung verbunden ist (man kann nicht mehr tief in den Bauch atmen), kommt es bei Unterleibschmerzen häufig sekundär zu Angst, Depression und Gereiztheit. Nicht die Angst oder Depression sind Ursache der Unterleibsschmerzen, sondern sowohl Schmerz wie psychische-körperliche Beeinträchtigung sind Folge der Unterleibsverspannung (Näheres auch unter Angst und Depression und im Artikel Sensomotorische Körpertherapie bei Angst und Depression).

Daher lassen sich sowohl die Schmerzen im Unterbauch wie die Atemstörungen wie auch die ängstliche oder depressive Verstimmung körpertherapeutisch behandeln


Behandlung von Bauch und Psyche

Schon das Wissen um die psychophysischen Zusammenhänge kann zu einer gewissen Entängstigung, Entlastung und damit zur teilweisen Entspannung führen. Vollständig und nachhaltig kurieren lassen sich die Unterbauchschmerzen dann mit der Pohltherapie® einer Verschränkung von manuell-körperlichen, neurobiologischen und mentalen Methoden. Wie das geht, steht unter Die Behandlung von Unterleibsschmerzen.

Therapeuten

Auf der Therapeutenliste finden Sie Ärzte, Psychotherapeuten und Heilpraktiker, die Unterleibschmerzen mit der Pohltherapie® behandeln.

Weitere Infos zu Bauch und Psyche

pdfPsychosomatik - eine neue Sichtweise (PDF)

pdfKörpertherapie bei Unterbauch- und Beckenbeschwerden (PDF)

Eine ausführliche Darstellung und Erklärung des Zusammenhangs von Bauch und Psyche finden Sie im Buch von Dr. Helga Pohl.

 

Literaturtipp: Unter der GürtellinieLiteraturtipp:
Weitere Informationen, Fallgeschichten von Betroffenen, Anregungen zur Angstbewältigung und Selbstbehandlung sowie ein Übungsprogramm gibt es im Buch von der Pohltherapeutin Renate Bruckmann „Unter der Gürtellinie“. Onlinekurse zum Buch für Frauen und Männer sind jetzt erhältlich - zu Hause üben und selbst behandeln: praxis-bruckmann.lerny.de

 
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Ausbildung in Pohltherapie