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"Chronische Prostatitis", CPPS - Folge von Muskelverspannung

Neue Denkansätze - neue Therapien

In den letzten Jahren hat man vor allem in USA in Bezug auf die "chronische Prostatitis" angefangen umzudenken. Dort ist das Buch "A Headache in the Pelvis" von Wise und Anderson erschienen (National Center of Pelvic Pain Research, 2004). Anderson und Wise erkannten, dass es sich bei den Beschwerden nicht um ein Problem der Prostata handelt. Sie vertreten daher klar die Meinung, dass es sich um kein im engeren Sinn urologisches Problem handelt sondern um ein Problem der Muskelverspannung. Konsequenterweise nennen sie die Störung nicht mehr "chronische Prostatitis", sondern "chronic pelvic pain syndrom" oder "CPPS".

Unabhängig von Anderson und Wise wurde in Deutschland von Günthert (Urologe) und Pohl (Psychotherapeutin und Körpertherapeutin) in den letzten 20 Jahren ein ähnlicher Ansatz entwickelt. Beide arbeiteten über viele Jahre äußerst fruchtbar zusammen - sowohl theoretisch wie praktisch an gemeinsamen Patienten. Dr. Günthert verdanke ich (H. Pohl) viel von meinem Wissen auf urologischem Gebiet.

Lesen Sie zu den Grundlagen der körpertherapeutischen Sichtweise und Behandlung den Artikel von Helga Pohl
pdfFunktionelle Unterbauch- und Beckenbeschwerden von 1996 (PDF)

Wo finden Sie Informationen zu neuen Denkansätzen und Therapien bei "Chronischer Prostatitis"?

2003 erschien in Deutschland das Buch von E. A. Günthert "Psychosomatische Urologie" (Schattauer 2003), in dem der Autor klar einen Muskelspannungsansatz vertritt, die Beziehung von Muskelspannung und psychischen Problemen herausarbeitet und die Notwendigkeit einer körpertherapeutischen Behandlung betont.

2010 ist in Deutschland im Knaur-Verlag das Buch von Helga Pohl "Unerklärliche Beschwerden?" erschienen, in dem ebenfalls deutlich einen Muskelverspannungsansatz vertreten wird.

Außerdem gibt es in Deutschland ein reges Patientenforum zum Thema "Chronische Prostatitis" (www.medizin-forum.de/prostatitis), in dem das Thema Muskelverspannung und Triggerpunkte bei dieser Diagnose inzwischen breit diskutiert wird.

Ganz allmählich kommt auch in deutschen Urologenkreisen ein Umdenken in Gang.

Geschichte der Diagnose "Chronische Prostatitis"

Behandlung der Damm-Muskulatur - Behandlung durch die PohltherapieInteressant ist, dass die Verursachung der auf der Hauptseite Chronische Prostatitis, CPPS aufgelisteten Beschwerden durch chronische Muskelverspannungen früher schon bekannt war und dann offensichtlich wieder dem Vergessen anheim fiel. Jedenfalls gibt es ein dickes zweibändiges "Lehrbuch der Massage" von einem Medizinalrat Müller (Marcus und Weber's Verlag, Bonn), das in einer zweiten Auflage 1926 (!) erschienen ist. Der Autor beschreibt dort den Muskelhartspann der Beckenbodenmuskulatur. Diesen Muskelhartspann macht er für eine Reihe von Blasen- Beckenboden- und Sexualstörungen verantwortlich. Die irreführende Bezeichnung "Chronische Prostatitis" gab es damals offensichtlich noch nicht, wohl aber kannte man die Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung). Diese sah Müller aber keineswegs als die Ursache der anderen Beschwerden, sondern diesen gleich geordnet. Er führte sie ebenso wie die anderen Beschwerden auf den Hartspann (die Verspannung) der Beckenbodenmuskulatur zurück.

Für alle diese Beschwerden empfiehlt er eine manuelle (schmerzhafte) Massagebehandlung in der "Beckenhöhle", d.h. der Beckenbodenmuskeln von innen, indem er rektal von außen in diese Höhle eindringt. Die einzelnen Griffe sind detailliert beschrieben und illustriert.

Sichtweise der Pohltherapie® auf die Diagnose "Chronische Prostatitis"

In der Pohltherapie® behandeln wir seit vielen Jahren Männer mit der Diagnose Chronische Prostatitis und vertreten natürlich auch einen Muskelspannungsansatz.

Das therapeutische Konzept der Pohltherapie® zur Behandlung von CPPS ähnelt dem in USA von Anderson und Wise entwickelten Verfahren, ist aber breiter gefächert (Lesen Sie dazu auch Das Konzept der Pohltherapie® (PDF)).

Vergleich der Therapieansätze bei "Chronischer Prostatitis" / CPPS nach Anderson & Wise mit der Pohltherapie

Anderson und Wise verwenden

  • rektale Triggerpunktmassagen des Beckenbodens von innen, über den Anus,
  • Stretching-Übungen,
  • sowie ein mentales Verfahren, das sie Paradoxe Entspannungstechnik nennen, bei dem man bewusst die eigenen Verspannungen akzeptiert, um sie dadurch aufzulösen.

In der Pohltherapie® beziehen wir

  • nicht nur den Beckenboden,
  • sondern auch andere betroffene Körperpartien
  • nicht nur die Muskeln
  • sondern auch das Bindegewebe / Faszien von Haut und Unterhaut

in die Diagnose und Behandlung mit ein.

Denn zum einen hat sich gezeigt, dass längst nicht alle Beschwerden der so genannten Chronischen Prostatitis vom Beckenboden ausgehen, sondern auch vom Unterbauch, dem unteren Rücken, Gesäß und den Adduktoren, und zum andern, dass ein Teil der Beschwerden nicht von der Muskulatur sondern vom Bindegewebe / Faszien stammt.

Die Bedeutung des Bindegewebes bei der Behandlung der "Chronischen Prostatitis" / CPPS

Im Laufe von 20 Jahren Erfahrung mit köpertherapeutischen Behandlungen hat sich herausgestellt, dass insbesondere

  • alle diffusen und seltsamen Missempfindungen,
  • fast alle brennenden Schmerzen,
  • alle Taubheitsgefühle,
  • alles Kribbeln,
  • die meisten Parästhesien
  • die meisten Überempfindlichkeiten (Hypersensibilisierungen) auf Kälte, Reibungen etc.

nicht - wie die Neurologie vermutet - von einer Schädigung an den Nervensträngen ausgehen, sondern aus den Nervenendigungen im Bindegewebe / Faszien der Haut und Unterhaut kommen (siehe auch Andere Missempfindungen). Für diesen Ansatz spricht, dass sich die Beschwerden mit der speziellen Bindegewebs- / Faszienbehandlung der Pohltherapie® sehr gut beseitigen lassen, während sie sonst therapeutisch als die allerschwierigsten gelten.

Oft sind natürlich sowohl Muskulatur wie Bindegewebe / Faszien betroffen und behandlungsbedürftig.

Vielfalt der Beschwerden bei "Chronischer Prostatitis" / CPPS

Manche der betroffenen Männer haben überhaupt nichts am Beckenboden und bei anderen liegen überhaupt keine Muskel- sondern nur Bindegewebsverspannungen vor, weshalb leider die Bezeichnung Beckenbodenmyalgie als Oberbegriff für diese Beschwerden auch unzutreffend ist. Da es sogar Männer mit der Diagnose "chronische Prostatitis" gibt, die überhaupt keine Schmerzen verspüren, sondern schmerzfreie (nichts desto weniger quälende) Beschwerden haben (siehe "Chronische Prostatitis", CPPS), trifft leider auch der Ausdruck CPPS (chronic pelvic pain syndrome) nicht ganz.

Am gescheitesten ist es wahrscheinlich, statt eine Sammelbezeichnung zu verwenden, die Beschwerden, unter denen jemand leidet, einfach einzeln beim Namen zu nennen. Jemand leidet dann zum Beispiel unter Harnverhalt und einem Brennen in der Harnröhre, ein anderer unter Gesäßschmerzen und Afterkrämpfen etc., die Möglichkeiten sind vielfältig.

"Chronische Prostatitis" / CPPS - alles psychisch?

In der Pohltherapie® halten wir die Beschwerden der so genannten Chronischen Prostatitis nur insofern für psychosomatisch, als manche (nicht alle!) Männer feststellen, dass ihre Beschwerden sich in Stress- und in Belastungssituationen entwickelt haben und /oder verstärken. Das liegt daran, dass man wie bei vielen Beschwerden aufgrund von Muskel- und Bindegewebsverspannungen in negativ erlebten Situationen unwillkürlich die betroffenen Muskel- und Bindegewebspartien noch stärker als gewöhnlich anspannt. Das Gleiche gilt bei Leistungsdruck, unter den man sich bei gegebenen Anforderungen unwillkürlich setzt, indem man die ohnehin verspannten Muskeln noch stärker anspannt. Muskeln und Bindegewebe / Faszien werden im Laufe diese Prozesses immer empfindlicher, nicht nur auf diese Reize hin, sondern oft auch auf Kälte, Druck, Berührungen usw.

Depressionen und Ängste bei "Chronischer Prostatitis" / CPPS

Die Depressionen und Ängste, die bei manchen Männern mit CPPS auftreten, werden ebenfalls als Folgen von Verspannungen gesehen, die sich in diesen Fällen durch den ganzen Körper ziehen. Mehr oder weniger starke Depressionen sind bei allen ausgeprägten chronischen Schmerzzuständen anzutreffen. Sie sind nicht Ursache, sondern Folge der anderen Beschwerden und werden in der Sensomotorischen Körpertherapie gleich mitbehandelt, und zwar wiederum nicht durch Deutungen, sondern durch körpertherapeutische Verfahren, die natürlich in Gespräche eingebunden sind. Lesen Sie unter Angst, und unter Depression.
Näheres dazu und den längeren Artikel Sensomotorische Körpertherapie bei Angst und Depression (PDF).

Sensomotorische Amnesie bei "Chronischer Prostatitis" / CPPS

Es geht in der Körpertherapie nicht darum, dass dem Betroffenen bewusst wird, auf welches Ereignis hin (womöglich in der frühen Kindheit) seine Beschwerden zurück zu führen sind, sondern dass er in seinem Alltag jetzt die Verspannungen bewusst spüren lernt, und zwar nicht als etwas, was er hat, sondern was er (unwillkürlich) tut. Damit kann ihm klar werden, worunter er eigentlich leidet und er kann die bewusste, sensorische Steuerung seiner Muskulatur wiedererlangen.

Zunächst aber leiden die Betroffenen unter einer "Sensomotorischen Amnesie" (Ausdruck von Thomas Hanna) für die betroffenen Körperteile, d.h. sie spüren ihre Verspannungen gewöhnlich nicht und merken auch nicht die Bewegungseinschränkung, die mit den Dauerkontraktionen verbunden ist. So ist den meisten Männern mit einer Prostatitisdiagnose zunächst nicht bewusst, dass die Atembewegung bei ihnen eingeschränkt ist, weil Bauch- und Beckenbodenmuskulatur fest sind, ja schon die Vorstellung, in den Beckenboden zu atmen, scheint ihnen zunächst absurd. Durch die körpertherapeutische Behandlung findet ein körperlich geerdeter Bewusstmachungsprozess statt. Man lernt zu spüren, was man (unwillkürlich) tut.

Die Pohltherapie behandelt die Sensomotorische Amnesie bei "Chronischer Prostatitis" / CPPS

Durch die Behandlung mit der Pohltherapie® verliert man sowohl die Sensomotorische Amnesie wie die Übersensibilisierung, so dass man in Stress- und Belastungssituationen gelassener bleibt (siehe Artikel "Alles psychosomatisch?" (PDF) und "Psychosomatik - eine neue Sichtweise" (PDF)). Das Gleiche gilt für die mentale Präokkupation mit den Beschwerden und damit für die Konzentrationsstörungen: sie verschwinden bei der körpertherapeutischen Behandlung.

Die Behandlung von "Chronischer Prostatitis" / CPPS mit der Pohltherapie

Wie man in der Pohltherapie® sowohl die unterschiedlichen körperlichen Beschwerden wie auch gegebenenfalls die psychischen Beschwerden behandelt, erfahren Sie unter Die Behandlung von "chronischer Prostatitis", CPPS.

Therapeuten, die urogenitale Beschwerden mit der Pohltherapie® behandeln, finden Sie auf der Therapeutenliste.

 

Literaturtipp: Unter der GürtellinieLiteraturtipp:
Weitere Informationen, Fallgeschichten von Betroffenen, Anregungen zur Angstbewältigung und Selbstbehandlung sowie ein Übungsprogramm gibt es im Buch von der Pohltherapeutin Renate Bruckmann „Unter der Gürtellinie“. Onlinekurse zum Buch für Frauen und Männer sind jetzt erhältlich - zu Hause üben und selbst behandeln: praxis-bruckmann.lerny.de

 
Therapeuten-Verzeichnis
Ausbildung in Pohltherapie