Schluckstörungen durch Verspannungen, Schluckbeschwerden ohne organischen Befund
Funktionelle Schluckbeschwerden, die durch Verspannungen in Muskeln und Bindegewebe entstehen, lassen sich mit der Pohltherapie® gut von außen behandeln. Wir behandeln sie aber erst nach gründlicher medizinischer Voruntersuchung, wenn alle organischen Ursachen ausgeschlossen wurden.
Bei neurologisch bedingten Schluckstörungen (z.B. bei Schlaganfall, MS, ALS) können wir mit der Pohltherapie® nur Maßen helfen. Wenden Sie sich bitte zuerst an die entsprechenden Ärzte.
Ebenso verhält es sich bei Schluckbeschwerden aus dem HNO-Bereich, also z.B. bei Erkältung, Reflux und Mandelentzündungen.
Auch bei onkologisch /krebsbedingten Schluckstörungen wenden Sie sich an die entsprechenden Ärzte. Wir können erst postoperativ helfen.
Inhalt
- Wie erlebt man eine Schluckstörung?
- Was geschieht beim normalen Schlucken?
- Wie entstehen Schluckstörungen ohne organischen Befund?
- Untersuchung von Schluckstörungen mit der Pohltherapie®
- Behandlung von Schluckstörungen mit der Pohltherapie®
Wie erlebt man eine Schluckstörung?
Schluckstörungen (Dysphagien) werden meist am Hals vorne empfunden und oft als ausgesprochen quälend erlebt. Das Schlucken wird bei einer funktionellen Schluckstörung zur schwierigen Aufgabe. Die Betroffenen müssen sich beim Schlucken sehr konzentrieren und über die Maßen anstrengen und bringen trotzdem kaum einen Bissen hinunter. Oft leiden sie Tantalus-Qualen: Sie haben Hunger und Appetit, sitzen vor dem leckersten Essen, könnten es zwar in den Mund bringen und kauen, aber nicht schlucken.
Probieren sie trotzdem zu schlucken, kommt es häufig zum Verschlucken, d.h. ein Teil der Nahrung landet in der Luftröhre und muss wieder herausgehustet werden.
Mögliche Folge von Schluckstörungen: Abmagern Schluckstörungen können dazu führen, dass man kaum mehr etwas hinunterbringt und infolgedessen stark abnimmt. Manchmal werden Patient*innen mit Schluckstörungen für magersüchtig gehalten, was sie jedoch keineswegs sind. Sie würden liebend gerne mehr essen, wenn sie es nur besser schlucken könnten.
Für Außenstehende ist es äußerst schwierig nachzuvollziehen, was am simplen Schlucken so schwierig sein soll, denn für sie ist ihr eigenes Schlucken reibungslos und selbstverständlich. Im Normalfall ist schluckt man leicht und mühelos.
Um verspannungsbedingte Schluckstörungen bei sich und anderen besser zu verstehen, finden Sie hier eine Darstellung dessen, was normalerweise bei uns allen beim Schlucken passiert:
Was geschieht beim normalen Schlucken?
Das Schlucken der festen oder flüssigen Nahrung geschieht völlig unbewusst, z.T. reflektorisch und ist unserer Aufmerksamkeit meist entzogen. Zwar können wir auch willkürlich schlucken, aber wir können auch dann kaum sagen, was genau wir dabei eigentlich tun. Irgendwas passiert da im Rachen und im Hals vorn - nur so viel ist sicher. Selbst wenn das Schlucken schwierig wird, merken die Betroffenen meist nur, dass beim Schlucken irgendetwas in ihrem Rachen und Hals schwer geht. Genaueres können sie auch nicht sagen.
Daher lesen Sie hier eine
Funktionelle Anatomie des Schluckvorgangs
Die anatomischen Voraussetzungen sind folgende:
- Vorne im Hals befindet sich in der Mitte die knorpelige Luftröhre. Sie endet oben mit dem Kehlkopf, in dem sich die Stimmbänder befinden.
- Der Kehlkopf ist oben mit dem Zungenbein verbunden, einem hufeisenförmigen Knochen, der sich im Hals vorn oben, vor dem Übergang zum Kinn befindet. Am Zungenbein befindet sich auch der knorpelige Kehlkopfdeckel, der normalerweise herunterhängt.
Luftröhre, Kehlkopf und Zungenbein können Sie an sich selbst spüren, wenn Sie Ihren Hals mit der Hand vorn in der Mitte abtasten.
- Hinten im Hals, also hinter der Luftröhre, befindet sich die Speiseröhre.
Vorbereitung des Schluckens
- Feste und flüssige Nahrung kommt vorne zum Mund herein.
- Die feste Nahrung wird erstmal mit den seitlichen Zähnen gekaut, was eine Bewegung des Unterkiefers erfordert.
- Die Kieferbewegung beim Kauen aktiviert die Speicheldrüsen, die sich an den Kiefergelenken, in den Wangenmuskeln und am Mundboden innen befinden. Auch guter Geschmack und Geruch, ja selbst die Vorstellung, wie gut es gleich schmecken wird, sorgen dafür, dass uns „das Wasser im Mund zusammen läuft“, die Speichelproduktion also angekurbelt wird.
- Gut gekaut und mit dem glitschigen Speichel vermischt wird das Brot zum flutschigen, leicht schluckbaren Brei.
- Um den Brei oder auch den Kaffee dann nach hinten in die Speiseröhre zu befördern, legt man sich alles auf die unten im Mundraum liegende Zunge, zieht den Unterkiefer leicht nach unten und macht damit den Rachen weit. Den Mund hält man dabei geschlossen.
Der Vorgang des Schluckens
- Dann drückt man mit der Zunge nach oben in Richtung Gaumen, um einen Schluck oder Bissen abzuteilen. Der Unterkiefer geht dabei durch leichtes Anspannen der Kiefermuskeln hoch, sodass sich obere und untere Zähne berühren. Das hilft, die Zunge noch mehr an den Gaumen zu bringen.
- Gleichzeitig zieht man mit den oberen Zungenbein-Muskeln den Kehlkopf und das Zungenbein hoch zum Kehlkopfdeckel, um damit die Luftröhre und die Stimmbänder von oben dicht zu machen. Man setzt also nicht den Deckel auf den Topf, sondern zieht den Topf hoch zum Deckel, der sich dann darauflegt.
- Das Essen gleitet an der verschlossenen Luftröhre vorbei nach hinten in die offene Speiseröhre. Daher kann man während des Schluckens nicht atmen und nicht sprechen (sprechen ist ein Ausatem-Vorgang). Falls man es doch versucht, verschluckt man sich furchtbar.
- Außerdem wird das Gaumensegel/das „Zäpfchen“ beim Schlucken durch einen speziellen Muskel an die Hinterwand des Rachens gepresst und dichtet dadurch die Mundhöhle gegen die sich daran anschließende Nasenhöhle ab. Die Nase ist von unten zu. Daher kann man beim Schlucken auch nicht durch die Nase atmen.
- Sobald die Nahrung die vorderen Gaumenbögen berührt, wird der Schluckreflex ausgelöst. Man kann die Nahrung aber auch absichtlich mit der Zunge nach hinten unten drücken.
- Dabei legen wir den Kopf leicht in den Nacken, damit es gerade nach unten rutscht oder fließt.
- Beim letzten Teil des Schluckvorgangs ziehen die unteren Zungenbeinmuskeln das Zungenbein mitsamt dem Kehlkopf nach unten, dadurch werden die Atemwege wieder frei und man kann wieder sprechen.
- Gleichzeitig werden die Muskeln der Speiseröhre („Schlundschnürer“) aktiv, um den Speisebrei oder den Kaffee nach unten zu befördern.
Die normale Bewegung des Kehlkopfs
Wir bewegen den Kehlkopf ständig, meist ohne es zu merken.
Atmung:
- Normalerweise bewegen wir den Kehlkopf mitsamt der Zunge mit den Infrahyoidalen Muskeln bei der Einatmung etwas nach unten (und machen dabei den Rachenraum weiter, indem wir das Zungenbein mitsamt der Speiseröhre nach unten ziehen)
- bei der Ausatmung ziehen wir mit den Suprahyoidalen Muskeln den Kehlkopf mitsamt der Zunge wieder nach oben zurück in die mittlere Ausgangsposition.
Bitte selbst ausprobieren:
Atmen: Legen Sie sich die Finger einer Hand sacht vorn auf den Hals und spüren Sie, was sich da beim Atmen unter Ihren Fingern bewegt. Außerdem können Sie in Ihrem Mund spüren, wie der hintere Teil Ihrer Zunge nach unten gezogen wird und sich zurück in die Mitte bewegt. Mit den Fingern der andren Hand quer unterm Kinn und Unterkiefer, können Sie spüren, wie die oberen Zungenbeinmuskeln Zungenbein und Kehlkopf wieder nach oben zurück in die Ausgangslage ziehen.
Sprechen: Lassen Sie Ihre Finger vorn auf dem Hals und sprechen Sie irgendetwas: Sie werden spüren, dass sich der Kehlkopf - und damit der ganze Hals vorn - gleich noch viel munterer bewegt – und Ihre Zunge natürlich auch. Und Sie können mit den Händen spüren, dass unter Ihrem Kinn die oberen Zungenbeinmuskeln und unter Ihrem Kehlkopf die unteren Zungenbeinmuskeln sich bewegen.
Es atmen und sprechen also nicht nur
- der Mund und die Zunge sondern auch
- der Kehlkopf und der Hals vorne.
Schlucken: Legen Sie sich die Finger einer Hand sacht auf vorn auf den Hals und schlucken Sie (leer oder etwas Wasser oder einen gekauten Bissen). Spüren Sie, was sich da beim Schlucken unter Ihren Fingern bewegt. Im Mund können Sie spüren, wie der hintere Teil Ihrer Zunge nach unten und zurück in die Mitte bewegt.
Wie entstehen Schluckstörungen ohne organischen Befund?
Der Einfluss von Kopf- und Körperhaltung auf das Schlucken
Am besten klappt das Schlucken mit aufrechter Körper- und Kopfhaltung und zwar -wegen der Schwerkraft - im Stehen oder Sitzen. Im Kopfstand kann man nicht schlucken.
Und im flachen Liegen auch nicht. Nur die Babys können noch im Liegen nuckeln und schlucken – weil ihr Kehlkopf samt Kehlkopfdeckel noch so niedrig liegt, dass sie beim Nuckeln atmen können. Während bei Erwachsenen und älteren Kindern der Kehlkopf höher liegt, sodass wir nur entweder schlucken oder atmen und sprechen können.
Wir Erwachsenen würden uns beim Trinken im Liegen jämmerlich verschlucken. Deswegen haben z. B. alle Krankenhausbetten einen höhenverstellbaren oberen Teil. Nur dadurch können Kranke im Bett essen, trinken oder gefüttert werden und dabei normal schlucken.
Mit nach vorn gebeugtem Oberkörper
geht das Schlucken im Sitzen oder Stehen auch schlecht. Wir können nur hinunterschlucken - hinauf schlucken geht nicht.
Eine extrem vorgebeugte, starre Haltung
wie sie vor allem bei alten Menschen auftritt, erschwert das Schlucken vor allem beim Trinken. Um nämlich eine Tasse oder ein Glas austrinken zu können, muss man den Kopf leicht zurücklegen können, so dass die Flüssigkeit nicht aus dem Mund, sondern gerade den Schlund hinunterläuft.
Bitte selbst probieren.
Gewöhnlich folgen wir dabei dem Gesetz der Schwerkraft ganz automatisch, ohne zu merken, was wir tun: wir legen den Kopf beim Trinken leicht in den Nacken und richten uns auf.
Mit starr nach vorn gestrecktem oder nach unten gebeugtem Kopf ist das aber nicht mehr möglich. Eventuell spielt diese Haltung auch bei dem Umstand eine Rolle, dass alte Menschen oft so wenig trinken, dass sie ausdörren.
So erschwert eine extrem nach vorne gebeugte Körperhaltung, wie sie vor allem bei alten Menschen auftritt, das Schlucken insgesamt, weil bei dieser Haltung der Kopf nach vorne hängt und oft an den Hals vorn drückt. Dadurch entsteht am Hals oben, wo wir schlucken, eine enge Stelle, die ständig zusammen gedrückt wird. Jeder kann das nachprüfen, indem er selbst Körper und Kopf in die entsprechende Position bringt.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Eine alte Dame konnte ihren geliebten Morgenkaffee nur noch in kleinsten Schlückchen aus der Schnabeltasse trinken. Sie war so vorgebeugt und steif, dass sie sich nicht mehr aufrichten und den Kopf nicht mehr in den Nacken legen konnte. Die Tasse austrinken ging gar nicht.
Ihr konnte mit der Lockerung der verkürzten, verspannten Vorderpartie (Bauch- Brust- und Halsmuskeln) sowie des oberen Rückens und des Nackens und der steifen Füße wieder zu einer aufrechten Kopf- und Körperhaltung verholfen werden - und zu einem genüsslichen Morgenkaffee.
Ein Blick in die Evolution des Schluckens
Die Möglichkeit, uns zu Verschlucken, ist praktisch der Preis, den wir für unsere Aufrichtung zum Zweibeiner zahlen mussten.
Vierbeiner haben einen tief liegenden Kehlkopf. So sehr sie sich abmühen mögen, sie können nicht ganz aufrichten und nicht sprechen. Aber sie verschlucken sich auch nicht so leicht.
Nur mit der Höherlegung des Kehlkopfs war in der Evolution die Entstehung der aufrechten Zweibeinigkeit und die Entwicklung der Sprache möglich. Auch Menschenaffen haben einen tief liegenden Kehlkopf. Sie können daher niemals sprechen lernen – verschlucken sich aber auch nicht.
Die Zweibeiner Vögel legen wie wir Menschen beim Schlucken, vor allem beim Trinken, den Kopf in den Nacken und lassen das Wasser den Hals hinunter rinnen.
Das wusste schon Friedrich Rückert (1788 - 1866)
„Keinen Tropfen Wasser schluckt das Huhn, ohne einen Blick zum Himmel aufzutun“.
Während Vierbeiner kein Problem damit haben, mit gesenktem Kopf zu trinken und zu schlucken.
Kopfhaltungen
Ein ständig gesenkter Kopf
ist eine der Hauptursachen für Schluckbeschwerden. Die Kopf-Fehlhaltung „gesenkter Kopf“ entsteht, wenn der Winkel zwischen Kopf und Hals dauerhaft kleiner als 90° ist.
Hier sehen Sie ein paar dumme Angewohnheiten, durch die man zu der Fehlhaltung eines ständig gesenkten Kopfs und damit zu Schluckbeschwerden und anderen Halsproblemen kommen kann.
Ganz besonders erschwert ein ständig gesenkter Kopf das Trinken.
Um nämlich eine Tasse oder ein Glas austrinken zu können, muss man den Kopf leicht zurücklegen, so dass die Flüssigkeit nicht vorn wieder aus dem Mund heraus laufen kann, sondern gerade den Schlund hinunter läuft. Gewöhnlich berücksichtigen wir dabei die auf die Flüssigkeit einwirkende Schwerkraft ganz automatisch, indem wir beim Trinken den Kopf leicht in den Nacken legen. Wir wissen im Allgemeinen nicht, dass wir das tun – können das aber jederzeit feststellen, wenn wir einmal bewusst eine Tasse oder ein Glas austrinken. Mit starr nach vorn gestrecktem oder nach unten gebeugtem Kopf ist diese Bewegung des Kopfes, die über die Hals- und Nackenmuskulatur erfolgen müsste, kaum mehr möglich. Damit sind Trinken und Schlucken sehr erschwert.
Bitte selbst probieren.
Auch vom „Sich gerade halten“ kann man Schluckbeschwerden bekommen
Bei einem übergeraden Nacken drückt man den Kopf mit dem Kinn Richtung Brustbein – und kann sich damit das Schlucken sehr schwer machen.
Bitte selbst ausprobieren.
Normalerweise ist der Nacken beim Menschen leicht konkav geschwungen. Etwa in der Mitte des Nackens ist dieser einwärts gebeugt. Der übergerade Nacken ist meistens absichtlich erzeugt, weil man meint, das sähe besser aus. Es führt aber vor allem zu einer verkrampften Muskulatur und verfestigtem Bindegewebe am Hals vorne und wirkt steif. Man kann damit den Kopf kaum mehr drehen.
Meist setzt sich der übergerade Nacken in einen übergeraden oberen Rücken und eine starre, gerade Brustwirbelsäule fort. Außerdem zieht man häufig in dem Bestreben, ganz gerade zu wirken, auch die Schultern nach hinten. Man wirkt, als habe man „einen Stock verschluckt“.
Tatsächlich hilft die Überaufrichtung gegen die Verkürzung der Vorderseite nicht. Bauch- und Brustmuskeln lockern sich dadurch nicht. Man ist nur doppelt verspannt: vorne und hinten.
Unsicherer Gang kann zu Schluckbeschwerden führen,
indem man sich nämlich bei unsicherem Gang beim Gehen auf die Füße schaut und dafür den Kopf dicht am Körper nach unten senkt und sich dabei den Hals vorn zusammen quetscht. Auch das ist hauptsächlich bei alten Menschen der Fall.
Es ist aber nicht „das Alter“, das diese Schluckbeschwerden hervorruft, sondern der Umstand, dass man sich im Laufe des Lebens umso mehr solche im wahrsten Sinne des Wortes „eingefleischten“ Angewohnheiten zulegen kann.
Zum Beispiel diese hier:
Und das wiederum kann im Alter zu steifen, wackligen Beinen und Füßen führen. Die meisten dieser Angewohnheiten entstehen im Sitzen (s. Buch von Helga Pohl: Natürlich sitzen!). Solch eine Gewohnheit kann z.B. sein, die Füße immer unter den Sitz zu strecken und auf die Zehen zu stellen – immer das Gleiche, jeden Tag - sodass die Fußgelenke, Sprunggelenke und Knie allmählich steifer und unelastischer werden. Das macht man in der Jugend und es rächt sich im Alter. Leider.
Das Hautbindegewebe wird im Laufe der Jahre um Fuß-, Sprunggelenke und Knie fest. Knie und Sprunggelenke bleiben schließlich auf Dauer gebeugt und der Gang wird dadurch unsicher, die Steuerung über die Rezeptoren in den Fußsohlen und in den Muskeln der Füße und Unterschenkel funktioniert nicht mehr gut und man muss die Füße stattdessen mit den Augen steuern. Da gibt schließlich - durch den ständig gebeugten Kopf – Schluckbeschwerden und z.B. ein Kloßgefühl im Hals ganz oben, vielleicht noch einen Räusperzwang.
Schluckstörung bei Angst und Stress
Bei Angst schnürt es uns die Kehle zu. Das ist nicht nur sprichwörtlich, sondern geschieht tatsächlich, indem wir bei akuter Angst und bei Schreck den Kehlkopf hochziehen und damit die Luftröhre verschließen. Bei chronischer Angst und oft auch bei langanhaltendem Stress hält man den Kehlkopf ständig so weit hochgezogen, dass man gerade noch Luft bekommt.
Da man gleichzeitig den Bauch chronisch eingezogen hält, entsteht eine Hochatmung. Das heißt: anstatt in den Bauch zu atmen und den Brustkorb bei der Einatmung von unten her zu weiten und anzuheben, zieht man mit den Halsmuskeln den Brustkorb nach oben. Hochatmung ist häufig mit Hyperventilation verbunden.
Durch den chronisch hochgezogenen Kehlkopf bringt man bei Angst kaum etwas runter. Das kann zu einer chronischen Schluckstörung führen. Nicht selten kommt es dadurch bei Menschen mit chronischer Angst zu Gewichtsverlust.
Natürlich behandeln wir dann das gesamte gestörte Atemmuster und die Angst.
Schluckstörungen durch bewusste Stimmveränderungen
Es gibt Menschen, die bewusst Ihre eigne Stimme verändern, und zwar entweder höher oder tiefer als ihrer Natur entsprechen würde.
Höhere Stimmlage als die natürliche
Manche Frauen, die von Haus eine relativ tiefe Stimme haben, versuchen, in eine höhere Tonlage zu kommen. Um besonderes „weiblich“ zu wirken, legen sich eine Piepsstimme zu. Dabei legen sie meist noch den Kopf zur Seite, ziehen die Schultern hoch und nach vorn und lächeln dazu - was kokett und unterwürfig wirken soll: das personifizierte Hascherl, das die Männer als Beschützer braucht und bewundert.
Das hat sich gottseidank in den letzten Jahrzehnten geändert (siehe PDF Uniklinikum Leipzig: Untersuchung von Michael Fuchs [PDF]) - die Höhe der Stimme von Frauen ist insgesamt tiefer geworden. In alten Filmen kann man noch die Piepsstimmen, Mickymaus-Stimmen früherer Jahrzehnte hören, z.B. Doris Day.
Tiefere Stimmlage als die natürliche
legen sich meist Männer zu, die besonders „männlich“ wirken wollen oder die z.B. für einen Mann eine relativ hohe Stimmlage haben. Aber auch Frauen im Business: sie werden von Coaches darauf getrimmt, tiefer zu sprechen, als ihrer natürlichen Tonlage entspricht, damit sie ernster genommen werden (seltsame Form von Emanzipation!).
Tatsächlich tun diese absichtlichen, gewollten Änderungen der natürlichen Stimmlage den Betroffenen nicht gut. Wir sehen sie hier in den Pohltherapie- Praxen mit Schluckstörungen, Globusgefühlen, chronischen Halsschmerzen, Angstzuständen und chronischem Räuspern.
Schluckstörung durch Vermeidung von Doppelkinn
Ein Beispiel aus der Praxis:
Ein etwa 50jähriger Patient störte sich an seinem Doppelkinn, das mit den Jahren immer stärker geworden war. Um dem zu begegnen, hielt er ständig den Kopf in den Nacken gelegt und die Suprahyoidalen Muskeln angespannt. Das half zwar etwas gegen das Doppelkinn, bescherte ihm aber Nackenschmerzen und Schluckstörungen.
Dem Mann konnte mit Pohltherapie® durch Behandlung seiner Nacken- und Zungengenbein-Muskeln geholfen werden. Er musste sich aber auch selber helfen, indem er lernte, sein Doppelkinn zu akzeptieren.
Schluckstörung durch frühere Verletzungen
Schluckstörung durch Narben von Schilddrüsen-Operationen
Relativ häufig kommt es zu Schluckstörungen am Hals unten durch alte Narben von Schilddrüsenoperationen, besonders wenn sie mehrfach erfolgt sind. Das Bindegewebe der Haut hat sich dann so verfestigt, dass die Infrahyoidalen Muskeln darunter sich nicht mehr ausreichend bewegen können. Häufig besteht gleichzeitig ein Gefühl von link Kloß im Hals. Wir behandeln mit der Pohltherapie® vor allem das Haut-Bindegewebe um die Narbe .
Schluckstörung durch Verspannungen der Atemmuskulatur
Ein Beispiel aus der Praxis:
Schluckstörung durch Atemblockade
Junge Patientin mit extremen Schluckstörungen war dem Verhungern nahe. Besserungen stellten sich während der Pohltherapie®-Behandlung von Hals und Kopfhaltung bald ein, der eigentliche Durchbruch erfolgte aber erst, nachdem wir die Ursache der Unbeweglichkeit des Brustkorbs bei der Atmung entdeckten: Unterhalb der Schulterblätter waren beidseits mehrere Rippen-Wirbelgelenke infolge eines Reitunfalls vor Jahren erstarrt. Das Lösen der RW-Gelenke in dieser Gegend befreite die Atmung und machte freies Schlucken wieder möglich. Die Patientin war glücklich und nahm bald wieder zu.
Untersuchung von Schluckstörungen mit der Pohltherapie®
Bei der Pohltherapie® von Schluckstörungen befragen wir zunächst die Patient*innen genau, was sie wo bei ihren Schluckbeschwerden empfinden, um heraus zu bekommen, wie ihre individuelle Schluckstörung genau funktioniert. Auch lernen die Patienten*innen von Anfang an, sich selbst zu beobachten. Kann er/sie zum Beispiel beim Schlucken Zungenbein und Kehlkopf nicht nach oben ziehen (1. Teil des Schluckaktes) oder kann er sie nicht nach unten ziehen (2. Teil des Schluckaktes)? In der Praxis legen wir den Patient*innen eine Therapeuten-Hand sacht auf den Hals vorn, lassen sie atmen, sprechen, schlucken und spüren, was unter unserer Hand dabei geschieht. Anschließen lassen wir den Patienten/ die Patientin eine Hand sacht quer bei sich auf den Hals vorn legen. Manchmal bitten wir sie auch, die Hand auf den Hals des Therapeuten/ der Therapeutin zu legen, während diese/r atmet, spricht, schluckt – und zu vergleichen. Wir erklären ihnen auch, was genau beim Schlucken normalerweise passiert und wie sich das von ihrem Schlucken unterscheidet.
Dann untersuchen wir:
- Wie ist die Kopfhaltung?
- Wie die Körperhaltung?
- Wie ist Fußhaltung
- Gibt es Narben, oder andre Verletzungen, die mit der Schluckstörung in Zusammenhang stehen könnten?
- Gibt es Beeinträchtigungen der Atmung?
Am besten läuft es dann, wenn Therapeut*in und Patient*in sich zu einer gemeinsamen Detektivarbeit verbinden. Die zentrale Frage ist dabei:
„was tut jemand (unbewusst), sodass er /sie genau diese Schluck-Beschwerden bekommen hat?“.
Welche Alltags-Angewohnheiten“ hat er/sie,
die genau diese Schluckstörung fördern?
Behandlung von Schluckstörungen mit der Pohltherapie®
Pandiculations anfangs nicht möglich. Die sensomotorische Amnesie ist komplett. Das heißt: das Gehirn hat „vergessen“ wie sich manche Muskeln anfühlen und bewegen lassen. (kein/e Patient/in denkt, dass er/sie so eine sensomotorische Amnesie hat – aber alle unserer Patient*innen haben sie.)
Je nach Ausgang der Untersuchung und Selbstbeobachtung behandeln wir in der Pohltherapie® die entsprechenden Muskeln und BIndegewebspartien. Da die Patient*innen zunächst meist nicht in der Lage sind, absichtlich den Kehlkopf zu bewegen und auch keinerlei Vorstellung davon haben, wie das gehen soll, sindDaher behandeln wir zunächst manuell die Oberzungenbeinmuskeln (Suprahyoidales) und/ oder die Unterzungenbeinmuskeln (Infrahyoidales) bzw. das Haut-Bindegewebe auf diesen Muskeln (siehe Abbildung). Auch die „Schlundschnürer“ der Speiseröhre werden in die Untersuchung und Behandlung mit einbezogen.
Bei der Behandlung einer Schluckstörung mit der Pohltherapie® behandeln wir aber nicht nur die Muskeln, die direkt für das Schlucken zuständig sind, und das Bindegewebe / Faszien auf ihnen, sondern beobachten auch die Kopfhaltung des Patienten / der Patientin und damit die gesamte Körperhaltung.
Außerdem versuchen wir mit den Patient*innen zusammen ihre jeweiligen Alltagsgewohnheiten- Angewohnheiten“ und Stressreaktionen herauszubekommen, mit denen sie – ungewollt – ihre Beschwerden selbst produzieren.
Presst jemand z.B. bei Stress die Zähne zusammen und macht dabei einen geraden Nacken und oberen Rücken? Dann behandeln wir die Kiefermuskeln M. masseter und M. temporalis, aber auch die Praevertebralen und die Serratus-anterior -Muskeln. Und sorgen dafür, dass es dem Patienten/der Patientin ganz bewusst wird, sodass er/ sie im Alltag erkennen kann:
„Aha! jetzt mache ich es wieder!“
Stellt sich heraus, dass die Kopfhaltung bei der Schluckstörung eine Rolle spielt, behandeln natürlich auch diese mit den Verfahren der der Pohltherapie®, ebenso wie den Zusammenhang mit der übrigen Körperhaltung und überlegen uns, was den Patienten/die Patientin zu dieser Kopfhaltung veranlasst.
Siehe auch unter Stoppmuster und Nackenfehlhaltungen.
Durch das Eingefleischte der Gewohnheiten und die Sensomotorische Amnesie kann man Schluckstörungen allein in eigener Regie leider nicht einfach abstellen. Man kann sich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. „Lass das doch!“ hat leider noch nie geholfen, denn man findet als Betroffener den Zugang, die motorische Ansteuerung der betreffenden Muskeln nicht, da der sensomotorische Cortex sie nicht wahrnimmt. Daher braucht es professionelle Therapeuten, die einem helfen, die betroffenen Körperteile, z. B. die Infrahyoidalen und Suprahyoidalen wieder erreichbar und spürbar zu machen. Dann allerdings ist Mithilfe der Patient*innen gefragt, damit sie sich aktiv die „Dummen Angewohnheiten“ wieder abgewöhnen können. Wir Pohltherapeuten zeigen ihnen dafür individuell angepasste Übungen und Selbstbehandlungen und leiten sie zu einem Körperbewusstseinstraining an.
Professionelle Behandler und Behandlerinnen von funktionellen Schluckstörungen stehen auf der Therapeutenliste der Sensomotorischen Körpertherapie.
Literatur
- Frauenstimmen werden tiefer: https://detektor.fm/wissen und PDF Uniklinikum Leipzig
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Bartholome, Gudrun und Schröter-Morasch, Heidrun: Schluckstörungen. Interdisziplinäre Diagnostik und Rehabilitation. Urban und Fischer 2022
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Bruckmann, Renate und Mörgen, Tilo: Kloß im Hals? Effektive Übungen, Alltagstipps und Selbstbehandlungen für einen beschwerdefreien Hals und Nacken. Knaur Verlag 2024
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Pohl, Helga und Kaemper, Birgit: Natürlich Sitzen! Beschwerden durch falsches Sitzen mit der Pohltherapie auflösen. Knaur, München, 2023
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Pohl, Helga: Unerklärliche Beschwerden? Chronische Schmerzen und andere Leiden körpertherapeutisch verstehen und behandeln. Knaur, München 2010