Fehlhaltungen
In der Pohltherapie® spielen Fehlhaltungen eine große Rolle. Fehlhaltungen werden häufig für unwichtige körperliche Anomalien oder Schönheitsfehler gehalten, mit denen man leben muss oder gegen die man mit eisernem Willen ankämpfen kann, um sie zu beseitigen. So haben Generationen von Müttern ihre Kinder zu einer aufrechten Körperhaltung ermahnt („Halte Dich gerade, Kind“), aber leider immer vergebens.
Sichtweise von Fehlhaltungen
Das liegt daran, dass die allgemeine Sichtweise von Fehlhaltungen als Schwäche oder Schlamperei falsch ist. Untersucht man Fehlhaltungen näher, kann man nämlich feststellen, dass gerade die schwach anmutenden Partien hart und kurz sind. Das ist auf verspannte Muskulatur und Bindegewebe / Faszien an diesen Stellen zurück zu führen.
Funktionsweise der Muskeln
Muskeln kann man als eine Art Hebelsystem sehen, das uns in den Gelenken bewegt. Zieht sich ein Muskel zusammen, so bringt er (mindestens) zwei Knochen näher zusammen, und zwar diejenigen, an denen er angewachsen ist und die er miteinander verbindet. Das führt im Allgemeinen zu Bewegung. Verkürzt man zum Beispiel im Stehen via Anspannung den großen, geraden Bauchmuskel an (das ist derjenige, der die Sixpacks macht), so zieht es den Oberkörper nach vorn und krümmt dabei den oberen Rücken, denn dieser Muskel setzt unten am Schambein, oben am unteren Brustkorb an. Damit dieses Vorbeugen tatsächlich funktioniert, reicht es allerdings nicht, den Bauchmuskel anzuspannen, sondern es müssen gleichzeitig die großen, langen Rückenstrecker nachgeben, d.h. länger werden. Richten wir uns wieder auf, so spannen wir hierfür kurz die Rückenmuskeln an.
Spannen wir dagegen im senkrechten Stehen die Rückenmuskeln an und werden dabei die Bauchmuskeln gleichzeitig länger, so zieht es den Oberkörper nach hinten. Wir machen dann vorübergehend ein Hohlkreuz. Wollen wir uns wieder in die Lotrechte bringen, müssen die Rückenmuskeln wieder nachgeben und wir müssen wieder den geraden Bauchmuskel anspannen, allerdings nur so lange, bis wir wieder im Lot sind.
Das gleiche Prinzip gilt an den Seiten: wollen wir uns nach rechts beugen, müssen sich die Muskeln auf der rechten Rumpfseite anspannen und die auf der linken Rumpfseite nachgeben und umgekehrt. So weit – so gut.
Fehlhaltung = chronische Muskelverspannung
Geraten aber die Muskeln in eine unwillkürliche Daueranspannung, können sie nicht mehr nachgeben, wenn wir ihre Antagonisten aktivieren. Das ist bei Fehlhaltungen der Fall. Wir bekommen die unwillkürliche Daueranspannung zum Beispiel des geraden Bauchmuskels, die uns nach vorn gezogen hält, nicht weg, indem wir mit den Rückenmuskeln dagegen spannen, denn diese Dauerkontraktion des Bauchmuskels wird von unteren, unserem Bewusstsein nicht zugänglichen Gehirnteilen gesteuert. Spannen wir die Antagonisten der dauerkontrahierten Muskeln an, sind wir tatsächlich nur doppelt angespannt, vorn und hinten oder rechts und links. Das lassen wir meist bald wieder bleiben, weil es so anstrengend ist.
Die natürliche, entspannt aufrechte Haltung
Die natürliche, entspannt aufrechte Haltung, ist dagegen überhaupt nicht anstrengend. Denn bei der entspannt aufrechten Haltung wird überhaupt nichts extra gehalten, sondern alle Gewichte des Körpers sind genau übereinander geschichtet, so dass die Muskeln dabei nur dem Balancieren in der Schwerkraft dienen. Zu dieser Haltung braucht man nur Entspannung und reaktionsbereite Muskeln, aber kein Krafttraining weder für die Bauch-, noch für die Rückenmuskeln. Gut können wir das bei kleinen Kindern sehen. Sie sitzen und stehen im Allgemeinen aufrecht wie die Einsen, ohne dass man sie je dazu ermahnen braucht und ohne eine Spur von Anstrengung zu zeigen. Leider sind die meisten Erwachsenen in unserem Kulturkreis weit davon entfernt. Schaut man sich einmal um, findet man ungeheuer viele Fehlhaltungen.
Bedeutung von Fehlhaltungen
Diese Fehlhaltungen sind also weder Angewohnheiten, die man einfach bleiben lassen kann, noch sind sie ein Zeichen von Muskelschwäche, noch (in den wenigsten Fällen) von knöchernen Missbildungen.
In der Pohltherapie® sind diese Fehlhaltungen deshalb so wichtig, weil sie mit sehr vielen anderen Störungen zusammen hängen. Sie sind eine der Hauptquellen von chronischem Schmerz und anderen Missempfindungen, ja sogar von so genannten psychischen und psychosomatischen Beschwerden sowie von sehr vielen Bewegungseinschränkungen.
Entstehung von Fehlhaltungen
- als Reaktion auf belastende Lebensumstände
- aus „dummen Angewohnheiten“
- durch Verletzungen
- durch äußere Faktoren
Man unterscheidet nach Thomas Hanna vor allem drei Fehlhaltungen:
- Stoppmuster (vorgebeugte Haltung)
- Startmuster (Hohlkreuzhaltung mit zurück gebeugtem Oberkörper)
- Traumamuster (Schiefhaltung, zu einer Seite geneigt und/oder gedreht) sowie
- Kombinationen
Fehlhaltungen zu behandeln, ist ein Schwergewicht in der Praxis der Therapeuten, die Sie auf der Therapeutenliste finden.